| "Noch nicht fertig 
        gezeichnet.Dumpf wummert der Puls im Kopf. Ungewohnt laut und beherrschend. Fies 
        zieht der Schmerz vom Nacken in die Stirn und das grellblendende Licht 
        des Radioweckers verhindert das Offenhalten der Augen. Langsam bemerkt 
        man die eigenwillige Liegeposition. Die Füße am Kopfende eingespreizt, 
        den Kopf im Eck tief vergraben, gleichsam der ganze Körper zwischen 
        Bett und Wand verkeilt.
 Da war doch was vor dem Einschlafen. Da war...ja, verdammt- dieses Bett!
 Ganz unheimlich war es, sich hinzulegen und erst kaum merklich, dann jedoch 
        immer heftiger die taumelnden Bewegungen des Bettes zu spüren. Die 
        Schlafstatt rotiert um alle Achsen, schneller und schneller bringt der 
        holzimitatbeschichtete Zimmergenosse seine Unzufriedenheit über die 
        im zugedachte Position im Bezugssystem zum Ausdruck. Keine Chance, sich 
        mit aller Kraft am Nachttische festklammern zu wollen, der ebenso wenig 
        wie die Stehlampe dazu geeignet ist, den enormen Fliehkräften zu 
        trotzen. Verzweifelt vergraben sich die Finger in die Matratze, verkrampft 
        versucht, endlich dem Bewegungsdrang des Möbels entgegenzuwirken. 
        Vergebens.
 Völlig erschöpft sinkt man zusammen, resigniert - ergibt sich 
        der physischen Überlegenheit.
 Immer weiter dreht sich das verflixte Bett, dreht sich, dreht sich, dreht 
        sich.
 Empfangen von rettender Ohnmacht."
 Wahrscheinlich haben manche 
        von Ihnen diese wundersame Erfahrung bereits gemacht.Doch, geneigter Leser, ist das wirklich die ganze Wahrheit?
 Ist dieses seltsame Phänomen das einzige, das wir vom Eigenleben 
        unseres Bettes, ja all unserer Möbel wahrnehmen können?
 Weit gefehlt. Tatsächlich verhält es sich so, dass im Zustand 
        der erhöhten Sensibilität ( ich erreiche dieses Stadium bevorzugt 
        an Wochenenden) man überhaupt erst in der Lage ist, seine Möbel 
        in ihrer komplexen Existenz als eigenständige Lebewesen anzuerkennen.
 Ganz recht, ich spreche von Lebewesen und nur mit dem notwendigen Einfühlungsvermögen 
        gelingt uns die Kommunikation mit den verborgenen Intelligenzen.
 Das Rotieren des Bettes stellt hierbei nur den Anfang der Unterhaltung 
        dar, die in solchen Nächten mit Bücherbord und Schuhschrank 
        geführt werden.
 Physikalisch anschaulich lässt sich erklären, dass durch das 
        schnelle Drehen gleichsam eine Schnittstelle, ein Mensch-Möbel-Interface 
        (MMI) hergestellt wird. Dabei geschieht grob gesagt folgendes. Die Gehirnwellen 
        des Menschen, die bekanntermaßen vertikal polarisiert und linksdrehend 
        sind, werden unter dem Einfluss des Dopplereffekts der durch die Rotation 
        entsteht mit den horizontal polarisierten Gedankenwellen der Möbel 
        kreuzkorreliert. So wird erst ein übereinstimmendes Übertragungsmedium 
        einjustiert. Leicht zu erkennen ist jedoch das unweigerliche Auftreten 
        von periodisch wiederkehrenden Phasenauslöschungen, Schwebungseffekte 
        erhöhen zudem die Fehlerauftrittswahrscheinlichkeit während 
        der Informationsübertragung. Damit jedoch die Kommunikation aufrecht 
        erhalten werden kann, ist es zwingend erforderlich, redundante Information 
        zur Fehlerkorrektur mitzusenden und zur Sicherheit die Nachrichten mehrmals 
        zu verschicken.
 Für das Möbel kein Problem, benutzt es doch die komplette Faserstruktur 
        zur Informationsverarbeitung, stellen die enormen Datenmengen für 
        den Menschen eine Schwierigkeit dar.
 Das Nadelöhr Gehirn wird 
        permanent überlastet, selbst beim besten System zeigen sich bei solch 
        massiven Overflows Ausfallerscheinungen, beim System Mensch meist am nächsten 
        Morgen.Schade, dass die anstrengende Unterhaltung einen kompletten Neustart unabdingbar 
        macht. So geht die gesamte Weisheit, die unsere Möbel mit uns teilen 
        möchten wieder verloren.
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